Verantwortung
In meinen Kindestagen hatte ich eine beste Freundin (die habe ich zwar immer noch, leider trennen uns aber viele tausende Kilometer). Täglich nach der Schule verbrachten wir jede freie Minute miteinander. Ihre Eltern hatten einen Bauernhof, und dort fiel uns jeder mögliche Blödsinn ein. Kirschkernweitspucken, Verstecken auf dem Plumpsklo (und ja, da bin ich auch dann mal mit einem Bein weit versunken), im Weißen Main schwimmen… unsere Ideen und unsere Freiheit schien endlos. Wenn unser Vorstellungsvermögen jedoch mit uns durchging, dann wurde uns Einhalt geboten. Meine Eltern, ihre Eltern, die älteren Nachbarn des Dorfes, alle waren da uns zu führen und auf dem rechten Weg zu begleiten. Und, wir passten auch gegenseitig auf uns auf. Uns ging es nicht nur darum, dass der andere körperlich unversehrt blieb, sondern auch darum, dass wir immer heiter, fröhlich und unbeschwert blieben.
Diese Heiterkeit und Freude im irdischen Leben möchte auch Gott für uns. Er passt auf, wie ein guter Freund, dass wir nicht auf die schiefe Bahn gelangen. Allerdings müssen wir dazu seine Ratschläge und Anweisungen befolgen.
Im Buch der Sprichwörter heißt es: „Mein Sohn, achte auf meine Worte, meine Gebote verwahre bei dir! Achte auf meine Gebote, damit du am Leben bleibst, hüte meine Lehre wie deinen Augapfel! Binde sie dir an die Finger, schreibe sie auf die Tafel deines Herzens! Sag zur Weisheit: Du bist meine Schwester, und nenne die Klugheit deine Freundin.“ (Buch der Sprüche 7:1-4)
Mittlerweile sind seit diesen unbeschwerten Kindestagen viele Jahre, ja Jahrzehnte, vergangen. Mittlerweile tun wir uns beide nicht mehr so leicht dem anderen zu sagen wenn er sich falsch verhält (und das liegt nicht nur an der räumlichen Entfernung). Wir haben die Verantwortung für den anderen abgegeben. Man meint mit dem Alter kommt die Weisheit und somit auch die Verantwortung für sich selbst. Aber schauen wir nicht lieber alle weg wenn es um unseren Sünden geht? Nicht nur die unserer Freunde, auch unsere eigenen. Viele Teile unseres Lebens sind nicht mehr so öffentlich als in unserer Kindheit; wir leben zurückgezogen und versteckt – vielfach auch vor uns selbst. Denn was nicht nach außen kommt, dafür müssen wir auch keine Verantwortung übernehmen; das habe ich schon in meinen Kindestagen gelernt. Richtig?
Nur vergessen wir dabei, dass diese Anonymität uns auch schadet. Ja, wir sind geschützt vor den Blicken anderer, wir müssen nicht in die Verantwortung für andere treten, und andere nicht für uns. Wir machen alle was uns gefällt und wozu wir gerade Lust haben. Eine Rechenschaft müssen wir nicht mehr ablegen. Aber welchen Preis zahlen wir für diese neue Art der Freiheit?
Einsamkeit – (Herz)Schmerzen – Schauspielerei (nach außen) – Entfernung – Heuchelei
Wäre es nicht schön die Sünde abzulegen, wieder Verantwortung für sich und unsere Mitmenschen zu übernehmen und in der alten Freiheit der Reinheit, der Ehrlichkeit, der Freude, der Nähe und der Aufrichtigkeit zu leben?